Dimensionsstabilität im Inkjetdruck
Zielstellung
Ziel des Projekts war eine Vorhersagbarkeit des Substratverhaltens bezüglich der Dimensionsstabilität und des E-Modul im Inkjetdruck. Bisher wurde bei der Anpassung der Bedruckstoffe an Druckverfahren mit hohem Wassereintrag in erster Linie auf Planlageeigenschaften orientiert, die visuell und funktional wesentlich für die Qualität sind. In diesem Projekt sollte darüber hinaus die Stabilität innerhalb der planen Ebene untersucht werden, da Änderungen in der Dimension in X- bzw. Y-Richtung Auswirkungen auf die Weiterverarbeitung, insbesondere auf die daraus folgende Lage des Druckbildes zur äußeren Kontur eines Produktes, haben können.
Ergebnisse
Im Rahmen des Projekts wurden 34 industriell gefertigte faserbasierte Substrate untersucht. Kartons, Wellpappenliner und Inkjetpapiere, die den Bereich einer flächenbezogenen Masse von ca. 90 bis 350 g/m² abdecken und sich hinsichtlich ihrer Oberfläche (gestrichen, ungestrichen, geleimt) unterscheiden, wurden physikalisch umfangreich charakterisiert, sowie unter Variation der Druckparameter (z.B. Tintenmengen und Tintenart) bedruckt.
Um die Dimensionsänderungen in X-Y-Richtung, die der Eintrag der Feuchtigkeit durch die Tinte mit sich bringt, erfassen zu können, wurde am Sächsischen Institut für die Druckindustrie (SID) ein hochgenaues Maßsystem entwickelt und zur Erfassung der Dimensionsänderung in X-Y-Richtung vor und nach dem Bedrucken eingesetzt. Unter Variation der „Tropfenerzeugung“ während des Inkjetdrucks (Geschwindigkeit, Größe, Form) wurde die Dimensionsänderung des Bedruckstoffes nach unterschiedlichen Zeiten nach Feuchtigkeitseintritt (Tintenauftrag) untersucht.
Für die Erfassung der Dimensionsänderung in Z-Richtung (Wölbung) durch die Papiertechnische Stiftung (PTS) wurde eine Methodik zur makroskopische 3D-Erfassung der Dimensionsveränderung entwickelt. Aufgrund extremer Verformungen der Substrate konnte diese jedoch nur bedingt die teilweise sehr starke Wölbung nach der Feuchtigkeitsaufnahme erfassen, weshalb ein weiterer geometrischer Versuchsmessstand und eine entsprechende Messmethodik an der PTS entwickelt wurden.
Es konnte gezeigt werden, dass die Wölbung und Dimensionsänderung in der Ebene eine starke Korrelation mit dem Feuchtigkeitseintrag aufweisen. Die Veränderung der Dimensionen war in allen drei Raumrichtungen anteilig von der flächenbezogenen Masse abhängig – die Muster verformten sich bei hohen flächenbezogenen Massen erwartungsgemäß kaum. Jedoch zeigten die Muster ähnlicher flächenbezogenen Masse teilweise ein sehr unterschiedliches Wölbungsverhalten hinsichtlich der Ausprägung und Richtung.
Weiterhin konnte nach dem Feuchtigkeitseintrag durch die Inkjettinte ein stark dynamisches Verformungsverhalten der freiliegenden Muster, insbesondere in den ersten Minuten nach dem Bedrucken, beobachtet werden. Die Muster wölbten sich hierbei in aber auch entgegen der Richtung des Feuchtigkeitsauftrags. Anschließend folgte bei einigen Muster eine Entspannung in eine „ursprungsähnliche“ Lage. Einige Muster wölbten sich anschließend weiter in die entgegengesetzte Richtung. Dieses stark unterschiedliche Verhalten war sowohl bei Kleinformat- (5 x 5 cm²) als auch Großformatuntersuchungen (20 x 20 cm²) zu beobachten.
Auch die Messwerte der Dimensionsänderung in der X-Y-Ebene zeigten in den ersten Minuten ein dynamisches Verhalten. Um dieses Verhalten weiter zu untersuchen, wurden Sprühversuche an der PTS durchgeführt, bei denen die Muster im Kleinformat jeweils von einer Seite (Ober- oder Unterseite) oder von beiden Seiten gleichzeitig mit eingefärbtem Wasser besprüht wurden. Dabei konnte ein vergleichbares Verhalten wie in den Druckversuchen beobachtet werden.
Die Wölbungsrichtung stimmte bei fast allen Papieren mit der Faserlaufrichtung überein.
Die oben beschriebenen Ergebnisse beziehen sich auf die Untersuchungen der Dimensionsänderung im Freien – also ohne Einwirkung von Zugkräften. Da im Rollendruck jedoch auf die Substratbahn (z.B. bei Bedruckung von Wellpappenliner in PrePrint-Verfahren) Zugkräfte wirken, wurde an der PTS eine Methode entwickelt, um die Dimensionsänderung in alle drei Raumrichtungen nach Feuchtigkeitseintrag und unter anliegender Spannung zu untersuchen. Dabei war die Verformung in X-Y-Richtung erwartungsgemäß mit anliegender Spannung deutlich höher als im unbelasteten freien Zustand.
Weiterhin waren die verbliebenen plastischen Verformungen nach dem Zug deutlich höher. Die Verformung war auch hier erwartungsgemäß quer zur Laufrichtung höher als in Laufrichtung.
Die Wölbungsstärke war nach der Einwirkung von Zug und Feuchte je nach Substrat stärker oder schwächer ausgeprägt im Vergleich zur Wölbung im Freien nach dem Druckversuch.
Es wurde aus den vorhandenen Daten eine umfangreiche Korrelationsanalyse durchgeführt und Regressionsmodelle gebildet. Die Wölbungsstärke korrelierte dabei sehr gut mit der flächenbezogenen Masse, dem E-Modul und Tensile Strength Index (TSI) der Papiersubstrate und war stark abhängig von der aufgetragenen Flüssigkeitsmenge.
Bei den Druckversuchen am SID konnte festgestellt werden, dass die Dimensionsänderungen in X-Y-Richtung stärker ausfallen, je höher der Tintenauftrag ist. Die geringsten Änderungen traten bei Materialien mit hoher Dicke/flächenbezogener Masse auf. Außerdem wurden unterschiedliche Ausprägungen der Dimensionsänderung bei verschiedenen Bedruckstoffklassen festgestellt (größte Dimensionsänderung bei graphischen Papieren, geringste Änderungen bei einseitig oder beidseitig gestrichenen Kartons).
Die Dimensionsänderungen sind zeitabhängig und am deutlichsten kurze Zeit nach dem Einwirken der Feuchtigkeit. Teilweise sind diese Größenänderungen reversibel, teilweise jedoch auch irreversibel. Quer zur Laufrichtung sind die Änderungen nach 24 h deutlicher ausgeprägter als in Laufrichtung.
Schlussfolgerung
Die Dimensionsänderungen in X-Y-Z-Richtung sind stark abhängig von der aufgebrachten Flüssigkeitsmenge. Die flächenbezogene Masse spielt insoweit eine Rolle, als dass ab einer bestimmten Materialdicke der Feuchtigkeitseintrag keine signifikante Dimensionsänderung bewirkt. Bei hohem Farbauftrag, wie es im Vierfarben-Druck und vollflächigem Druck je nach Layout der Fall ist, kommt es teilweise zu beachtlichen Veränderungen in der Z-Richtung, sowohl im Freien als auch bei Einwirkung zusätzlicher Zugkräfte (Bahndruckverfahren). Diese Veränderungen können zu Schwierigkeiten bei der Weiterverarbeitung führen, in dem es z.B. bei Bogenware zu Welligkeit oder Tellern im Stapel kommt. Wenn die Z-Verformung stark ausgeprägt ist, können zudem Schwierigkeiten in der Verklebbarkeit bzw. bei der Verklebung der Wellpappenliner auf die Welle auftreten. Durch die gezielte Anpassung des Bildaufbaus und Farbseparationen kann die Flüssigkeitsmenge in der Druckvorstufe beeinflusst werden.
Die Wölbung blieb bei den Mustern, die sich stark verformten, i.d.R. in ihrer Größe und Richtung dauerhaft erhalten. Besonders bei stark ausgeprägter Wölbung ist davon auszugehen, dass diese zu Schwierigkeiten in der Weiterverarbeitung führen können.
Es wurde darüber hinaus festgestellt, dass die Zusammensetzung der Tinte einen deutlichen Einfluss auf die Dimensionsänderung der Substrate hat. In Zusammenarbeit mit Tintenherstellern wäre eine spezielle Anpassung der Tinten auf bestimmte Substrateigenschaften das Ziel weiterer Forschung.
Um die Dimensionsänderungen der Substrate möglichst gering zu halten, sollte beim Erstellen eines Druckauftrages die Tintenmenge durch geeignete Separation des Druckbildes möglichst gering gehalten werden. Weiterhin ist es von Vorteil, eine geeignete Substratklasse für den wasserbasierten Inkjetdruck auszuwählen.
Danksagung
Das Forschungsvorhaben IGF 20425 BR der kooperierenden AiF-Forschungsvereinigungen PTS-IZP und SID wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert. Dafür sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
Projektlaufzeit: Februar 2019 bis Januar 2021